Der Beruf des Property-Managers ist in den vergangenen Jahren ein gutes Stück digitaler geworden. Ein gutes Beispiel ist die Digitalisierung der Accounting-Prozesse. Von der Auftragserteilung über die Verbuchung bis zum Zahlungsverkehr werden heutzutage Prozesse digitalisiert, die noch vor einigen Jahren für manchen Mitarbeiter zum Tagesgeschäft gehörten. Auch die Digitalisierung des Dokumentenmanagements macht Arbeiten, die früher Personen übernommen haben, überflüssig. Durch gute Business-Intelligence-Systeme (BI) können individuelle Reportings tagesaktuell und mit sehr geringem Aufwand generiert werden. Dies ist in der Implementierung zwar komplex und zeitintensiv, zahlt sich aber aus, wenn Datenbanken mit dem BI-System sauber verknüpft und konfiguriert sind. In den Bereichen Buchhaltung, Finance und Accounting denken wir schon, dass die Zukunft von der Maschine dominiert wird.
Ob in der Zukunft der Property-Manager vollumfänglich von einem Computer ersetzt werden kann, hängt jedoch stark von der Assetklasse ab. Letztlich stoßen Digitalisierungsbemühungen immer dann an ihre Grenzen, wenn sich Managementprozesse schlecht automatisieren lassen oder das soziale Element, die Mieterbeziehung, für Computer im wahrsten Sinne unberechenbar ist.
Ein aus der Praxis bekanntes Beispiel ist die Nebenkostengestaltung in Mietverträgen. Bei Wohnnutzungen sind Nebenkostenregelungen im Wesentlichen nach der Zweiten Berechnungsverordnung reguliert. In den meisten Mietverträgen werden daher Standardformulierungen verwendet. Diese enge gesetzliche Regulierung fällt in Gewerbemietverträgen weg. Stattdessen wird der Text von Mietern und Vermietern oftmals individuell ausgestaltet und kann völlig atypische Vereinbarungen enthalten, die auch für den Profi nicht immer schnell zu verstehen sind. Die Zuordnung bestimmter Nebenkosten gestaltet sich daher bei Büro- und Retail-Mietern manchmal sehr komplex. Einem Mieter schlüssig zu erklären, wie (unterschiedlich) sich die Nebenkosten für seine Teilfläche zusammensetzen, und mit ihm zu einer versöhnlichen Übereinkunft zu kommen, kann jedoch kein Computer leisten.
Gleiches gilt für das technische Property-Management. Der technische Property-Manager muss bewerten können, ob ein Schaden zu Lasten des Mieters oder Vermieters geht, er muss Angebote einholen können und die Abarbeitung der Mängel zeitnah umsetzen. Auch hierbei ist oftmals Deeskalation gefragt, wenn ein Mieter verärgert ist, weil etwas nicht funktioniert. Dann ist schnelles Handeln gefragt. Der Mieter muss merken, dass sich jemand der Sache annimmt, ihn informiert und die Erledigung vorantreibt. Der Property-Manager sollte darüber hinaus das "Auge des Mieters" sein. Wenn die Gebäudereinigung, der Winterdienst oder die Grünflächenpflege nicht funktionieren, muss der Property-Manager frühzeitig Schritte einleiten. Wartet er, bis er darauf hingewiesen wird, ist die Verärgerung schon da und der Mieter fragt sich zu Recht, warum er Verwaltungskosten zahlt.
Das Kommunikationsverständnis bei Wohn- und Gewerbemietern ist sehr unterschiedlich. Ein Wohnungsmieter mag mit seiner Situation zufrieden sein - Kontakt zu seiner Hausverwaltung sucht er erst, wenn der Wasserhahn tropft oder er unklare Abrechnungen bekommt. Ein Gewerbemieter von Büro- oder Handelsflächen nimmt sich im Vergleich dazu wesentlich stärker als ein Kunde seines Vermieters wahr. Und ein Kunde will eben nicht nur Fläche, auf der er arbeiten kann. Er erwartet erstklassige Betreuung. Diese Beziehung in die Hände oder vielmehr den Code einer Mieter-App oder Ticketing-Software zu geben, mag zwar bestimmte Prozesse erleichtern. Wirkliche Nähe zum Vermieter, oder gar das Gefühl verstanden zu werden, stellt sich nicht ein. Eine App ersetzt eben keinen Ansprechpartner.
Wie wichtig Mieternähe ist, merkt man spätestens dann, wenn sich die Laufzeit eines Mietvertrags dem Ende zuneigt oder das Datum einer möglichen Verlängerungsoption naht. In diesen Fällen fungiert ein Property-Manager aus Fleisch und Blut als wichtiger Temperaturfühler, der die Absichten und Unzufriedenheit seines Mieters voraussehen sollte, bevor sie geäußert werden. Er sieht, ob ein Ladengeschäft weniger Kunden anzieht oder ob sich die Ansprüche des Büromieters mit der Zeit verändert haben. Ohne ein menschliches "Thermostat" erfährt der Asset-Manager von den Absichten seines Mieters erst vom Mieter selbst - per Kündigung oder Ausbleiben des Ziehens der Verlängerungsoption. Nur ist die Entscheidung dann vielleicht schon getroffen und der Asset-Manager hat keine Möglichkeit mehr entgegenzusteuern. Bei allen Fortschritten auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz und Predictive Analytics werden Computer den Mieter niemals richtig verstehen können.
Wie sinnvoll die Digitalisierung des Property-Managers ist, muss daher unterschiedlich beantwortet werden. In der Wohnungswirtschaft, in der sich von der Nebenkostenerstellung bis zum Reporting viele Prozesse standardisieren lassen, besteht die Möglichkeit, einen Großteil des Aufgabengebiets im Property-Management perspektivisch zu ersetzen. Manche Aufgaben, beispielsweise die Übergabe oder Rücknahme der Wohnung oder die Behebung von Mängeln, kann ein Computer nicht übernehmen, es wäre aber denkbar, solche Aufgaben mit dem Facility-Management direkt vor Ort zu bündeln.
Im gewerblichen Bereich hingegen sind solche Ansätze unrealistisch, was insbesondere auch mit dem Vermietungsmarkt zu tun hat. Der Gewerbemietmarkt unterliegt einem Zyklus und ein Gewerbeobjekt wird in den seltensten Fällen ohne kleinere oder größere Umbauten vermietet werden. Eine Wohnung hingegen wird so vermietet, wie sie geschnitten ist, ohne Wände zu versetzen und Einbauten von zusätzlichen technischen Anlagen, und in der Regel ohne Incentives.
Seit einigen Jahren kann beobachtet werden, dass immer mehr Aufgaben vom Asset-Management (in den gewerblichen Assetklassen) an das Property-Management delegiert werden, da Asset-Manager für viele Details gar keine Zeit mehr haben und Entlastung suchen. Hinzu kommt, dass das Asset-Management in der Regel zentralisiert aufgestellt ist, das Portfolio jedoch geografisch über ganz Deutschland oder gar Europa verteilt sein kann. Eine persönliche Mieterbetreuung auf dem Level eines Property-Managers wäre vor dem Hintergrund des Reiseaufwands kaum möglich. Insbesondere für das technische Property-Management ist die Präsenz vor Ort unabdingbar und kann nur in den seltensten Fällen über Videotelefonie abgewickelt werden.
Wenn wir Kunden bei der Property-Management-Ausschreibung begleiten, achten wir stark auf die Optimierung der Prozesse, damit der Fokus des Property-Managers wirklich auf dem "Kunden Mieter" liegt beziehungsweise auf der Technik für den technischen Property-Manager und er die Zeit nicht mit Routinearbeiten verbringt, sondern die strategischen Ideen des Asset-Managers umsetzen kann.