Steigende Energiepreise drücken auf die Performance von Immobilien. Nach Meinung von Konrad Jerusalem, CEO von Argentus, sind vor allem die Asset-Manager gefragt. Bei den Nebenkosten sieht er reichlich Einsparpotenzial.
Die Energiepreise in Deutschland sind in den letzten Monaten förmlich explodiert, und der Markt geht davon aus, dass das hohe Preisniveau mindestens noch einige Monate anhalten wird. Hinzu kommt die vorgesehene weitere Verteuerung konventioneller Energieträger durch die stetig steigende CO2-Abgabe. Und last but not least wird die neue Regierung eher mehr als weniger Gesetze erlassen, die der Wirtschaft mit Blick auf den Klimaschutz noch zusätzlich Feuer unter dem Hintern machen.
Der Gebäudesektor muss sich darauf einstellen: Asset-Manager müssen den Klimaschutzanforderungen nachkommen - und dennoch ihre Renditeversprechen halten. Dadurch werden unter anderem die Betriebskosten zu einem der ganz großen Themen im Jahr 2022. So sehen Handels- und Büromieter, die nun vermieterseitig aufgrund der Schwäche des stationären Einzelhandels und der zunehmenden Nutzung des Homeoffice wieder stärker umworben werden müssen, hohe Nebenkosten nicht gerne.
Welche Hebel haben Asset-Manager, um die Nebenkosten zu senken? Sie sollten sich zunächst einmal einen Überblick über die tatsächlichen Energieverbräuche verschaffen. Das klingt banal, ist aber oft eine Herausforderung: Immobilien in Deutschland weisen immer noch viel zu selten digitale Zählerstrukturen mit fernauslesbaren Daten auf - obwohl der Bestandsschutz der bestehenden konventionellen Zähler nur noch bis 2027 gilt. Ohne digitale Zähler ist eine permanente Analyse und Optimierung der Energieverbräuche nicht möglich, beispielsweise durch das Erkennen auffällig hoher Abweichungen einzelner Verbrauchspositionen oder auch ganzer Immobilien im Vergleich zur Benchmark. Unabhängig von der Digitalisierung der Verbrauchserfassung ist der Energieeinkauf ein Hebel. Zum einen kann auf CO2-neutrale Quellen umgestellt werden. Bei eigenerzeugtem Ökostrom entfällt die Verteuerung durch die oben genannte CO2-Abgabe. Zum anderen lohnt es sich, die Energieverträge mit den Versorgern zu analysieren: Gerade bei historisch gewachsenen Portfolios existiert eine Vielzahl an Lieferverträgen mit jeweils vergleichsweise geringen Mengen. Häufig lassen sich diese poolen und durch die Großabnahme erhebliche Kosteneinsparungen erzielen. Gleiches gilt für Verträge mit Messdienstleistern.
Außerdem bieten das Property- und Facility-Management Einsparpotenziale. Häufig schreiben Asset-Manager routiniert immer wieder identische Standardleistungspakete aus - mit Positionen, die in der jeweiligen Immobilienrealität gar nicht gebraucht werden. Dies reicht von im Einzelfall nicht benötigten Reinigungsintervallen bis zu sehr aufwendigen Reportinganforderungen. Das geht zulasten der Nebenkosten.
Ein weiterer Aspekt sind unklare Schnittstellen zwischen Property- und Facility-Management: Bei Standardleistungspaketen drohen unnötig teure Doppelbeauftragungen, da viele Felder wie beispielsweise die Gewährleistung von beiden Disziplinen bedient, aber unklar abgegrenzt werden. Die Neuformulierung der Verträge in Abstimmung mit den tatsächlichen Bedürfnissen und Schnittstellen kann insofern die Kosten sofort und dauerhaft reduzieren. Positiver Nebeneffekt: Das Thema Nachhaltigkeit lässt sich vertraglich neu verankern. Werden die Dienstleister hierbei motiviert, beispielsweise an den Energie-KPIs mitzuwirken, können sich zusätzliche Einsparungen ergeben.
Mein Appell an zukunftsorientierte Investoren und Asset-Manager: Führen Sie bei Ankaufprozessen eine eigene Nebenkosten-Due-Diligence durch. Zum einen können Sie hier Risiken aufdecken, die beim Kaufpreis mindernd berücksichtigt werden sollten. Zum anderen finden Sie hier häufig wertsteigernde Kostensenkungspotenziale, die dem Verkäufer nicht bewusst sind.
Quelle: Handelsblatt online vom 14.01.2022
Alle Rechte vorbehalten: (c) Handelsblatt GmbH